9. Torpedobootflottille

verfasst von Urs Heßling

Am 4.10.1943 wurde die 9. Torpedobootsflottille in Athen von Fregattenkapitän Riede aufgestellt, um die von der italienischen Marine nach der Kapitulation Italiens übernommenen Boote in Dienst zu stellen. Das waren die beiden mehr als 15 Jahre alten Zerstörer Turbine und Francesco Crispi und die vier 20 Jahre alten Torpedoboote Calatafimi, Castelfidardo, San Martino und Solferino.
Fregattenkapitän Riede, der zuvor Kommandant des Zerstörers Theodor Riedel gewesen war, konnte froh sein, aufgrund einer sehr energischen Personalverfügung des Führers der Zerstörer über erfahrene Offiziere als Kommandanten der Boote zu verfügen. Die fünf Kapitänleutnante Dehnert, Düwelius, Quaet-Faslem, Schmidt und Vorsteher waren alle schon kurze oder längere Zeit Kommandanten von Torpedobooten des Typs 1935/37 gewesen. Oberleutnant zur See Hahndorff hatte zwar noch keine Kommandantenerfahrung, aber er war es gewohnt, auf der Back eines nicht in Deutschland gebauten Bootes einen 12 cm-Zwilling zu sehen; denn er war I WO des Kanonenboots K 1 gewesen.

Der erste Eindruck der Boote muß "überwältigend" gewesen sein: Flottillenchef, Flottilleningenieur und Kommandanten beschrieben übereinstimmend geradezu "unbeschreibliche" Zustände mit einer Anhäufung von Dreck, Kot, Ungeziefer und mutwillig zerstörten Gegenständen in den Decks.
Der zweite Eindruck war, daß die sehr einfachen Turbinenantriebsanlagen auf Turbine und Crispi klar waren, auf Castelfidardo und San Martino keine großen Schäden, auf Calatafimi und besonders auf Solferino schwerere Schäden vorlagen. Gelobt wurde die artilleristische Ausstattung der Boote, die deutlich stärker war als die eines deutschen Torpedoboots.

Am 30. September 1943 machten die Boote zum ersten Mal Dampf auf, Am 1.10. fand die erste Probefahrt mit Calatafimi statt, in der 1. Oktoberwoche trafen die vorgesehenen Besatzungen ein.
Am 16.10. wurde das bereits als Achilles für die 21. U-Jagdflottille in Dienst gestellte Torpedoboot Calatafimi als TA 15 mit OLt.z.S Hahndorff als Kommandant in die 9. T-Flottille übernommen.
Außer dem schon erwähnten Zustand der Boote gab es weitere Schwierigkeiten, die den KTB's zu entnehmen sind:

  • die Boote waren seit der Kapitulation Italiens am 9. September 1943 von deutschen Marine-Dienststellen vollkommen "geplündert" worden, es gab weder Werkzeug noch Ersatzteile,
  • Die Qualität der Arbeit der griechischen Werften war schlecht,
  • Bei den deutschen Dienststellen in Athen herrschte ein buchstäblich "orientalisch" anmutendes Kompetenzgerangel, so daß den Bootskommandanten bei ihren Bemühungen zur Herstellung der Kriegsbereitschaft nicht geholfen, sondern ihnen immer neue Hindernisse in den Weg gelegt wurden: Die Bereitstellung eines (!) Telefonanschlusses erforderte Anträge bei sechs (!) verschiedenen Dienststellen ..
  • Der aus Deutschland kommende Personalersatz (Mannschaften) waren unerfahren oder wurde schlicht und einfach als "disziplinar, charakterlich und leistungsmäßig schlecht" beurteilt.
    Die Kommandanten und Leitenden Ingenieure beklagten sich heftig über das "Unverständnis" von deutschen Dienststellen, wo ihnen immer wieder vorgehalten werde, "die Italiener sind mit diesen Booten doch auch zur See gefahren", um selbst nicht tätig werden zu müssen.
Als besonders nachteilig wurde bei den Booten im Bereich der Schiffstechnik beurteilt:
  • Es gab keine BÜ-Anlagen, sondern nur Sprachrohre, eine Kommunikation war beim geräuschvollen Betrieb der Maschinen schwierig bis unmöglich,
  • es gab nur wenige Überwachungsanlagen, so daß Wasserstand sowie Luft- und Brennstoffzufuhr bei Kesselbetrieb "von Hand" und nach Erfahrung geregelt werden mußte,
  • der Zustand der elektrischen Anlagen (Wicklungen und Kabel) war so schlecht, daß fast dauernd "Masseschlüsse" auftraten.
  • Der allgemeine Zustand der schiffstechnischen Anlagen wurde als "heruntergewirtschaftet" und "verwahrlost" bezeichnet. Ventile, Hähne und Spindeln saßen in offener oder geschlossener Position fest, Leitungen waren undicht, Kessel und Tanks verrostet und verschlammt, eine vorbeugende Materialerhaltung war offensichtlich unbekannt.
Nach Aussagen der noch anwesenden italienischen Maschinisten wurde die Boote zuvor mit einer maximalen Geschwindigkeit von 15 kn und oft, wegen Dampfgefahr, mit Bedienung der technischen Anlagen von Oberdeck gefahren. Die Seezielgeschütze wurden nicht benutzt.
Diese Defizite sind deswegen besonders gut dokumentiert, da für den Abschnitt II – Maschine – eines Schiffs in der Kriegsmarine ein eigenes Kriegstagebuch geführt wurde.

Dennoch gelang es, alle Widerstände so zu überwinden, daß am 28. und 30.10.1943 drei Boote als "fahrbereit" in Dienst gestellt werden konnten:
Turbine als TA 14, Kommandant KptLt Dehnert,
San Martino als TA 18, Kommandant KptLt Düvelius,
und am 30.10. Francesco Crispi als TA 17., Kommandant KptLt Vorsteher.

Am 4.11. wurde mit den vier in Dienst gestellten Booten eine erste zaghafte Flottillenübung in See und ein Artillerieschießen durchgeführt. Dabei fielen durch die Erschütterung auf allen Booten Teile der Antriebsanlagen aus.
Am 6.11. meldete der Flottillenchef die Boote, wohl auch unter Druck, als "beschränkt kriegsbereit", obwohl er sich des mangelhaften Technik- und Ausbildungsstandes bewußt war.
Zitat aus dem KTB TA 15: "Das Boot wurde K.B. gemeldet, obwohl die Meldung dem Inhalt nach eine a.K.B.-Meldung war."
Zitat aus dem KTB TA 17: “Trotz Fehlen eigenen Vertrauens zum Boot wegen seines konstruktiv schlechten Zustandes hinsichtlich Sicherheitseinrichtungen, Stabilität usw. ... , trotz Fehlens jeglicher Gefechtsausbildung, ... übernehme ich mit der heutigen K.B,-Meldung die Verantwortung ... . Kommandant und Besatzung sind sich klar darüber, mit ihrem Boot ein Einsatz in einem Vabanquespiel zu sein.“

So lief die Flottille mit 4 Booten am 11.11.43 kurz nach Mitternacht zu ihrem ersten Einsatz aus. Das Nachtanken der Boote im Hafen von Syros dauerte wegen mangelhafter Vorbereitung 9 Stunden. Nach einem ergebnislosem Hin und her in der Nacht 11./12.11. begann am Morgen des 12.11. das erste "scharfe Gefecht", als die Rotte TA 17/TA 14 den Landungsversuch der "Kampfgruppe Müller" an der Westseite von Leros mit Einnebeln deckte, von Küstenbatterien beschossen wurde und zurückschoß. Im Feuer der Küsten-Batterien mußte der Versuch jedoch abgebrochen werden, nachdem TA 18 einen schweren Treffer erhalten hatten. Bei TA 17 hatte sich eine sehr mangelhafte Stabilität gezeigt, das Boot richtete sich nach heftigem Drehen erst nach einer Gegendrehung wieder auf. Bei einer Nachversorgung in Syros stellte sich heraus, daß das dortige Wasser wegen eines hohen Härtegrades und hohen Salzgehalts für die Kessel der Boote unbrauchbar war. Damit wurde eine Rückkehr aller Boote nach Piräus unumgänglich. Beim Rückmarsch bei Sturm und Seegang 6 zeigte sich die mangelnde Stabilität aller Boote, ein Drehen auf Einlaufkurs nach Piräus quer zur See wäre "lebensgefährlich" gewesen, die Boote ankerten unter Landschutz von Seriphos.
Nach der Rückkehr am mußten das "aKB" gemeldete TA 17 und das gerade erst in Dienst gestellte TA 16 (Kommandant KptLt Quaet-Faslem) schon am nächsten Tag wieder auslaufen, um als schnelle Truppentransporter 166 Soldaten der Division "Brandenburg" nach Kalymnos zu bringen. Da auf TA 16 ständige Ruderversager auftraten, das Boot während der Fahrt bereits die Hälfte des Kraftstoffvorrats verbraucht hatte und TA 17 nach hohem Verlust von Kessel-Speisewasser unter Wassermangel litt, mußte der Flottillenchef mit beiden Booten nach "Absetzen" sofort umkehren. Am folgenden Tag mußte TA 17 , obwohl offiziell weiter "aKB" gemeldet, eine weitere Versorgungsfahrt mit Munition und Werkzeug nach Leros durchführen, wobei auch der Befehl, nicht als Einzelboot zu fahren, ignoriert wurde. Das Boot kehrte mit Verwundeten und Gefangenen an Bord zurück, dabei wurde ein Angriff des britischen Unterseeboots Sportsman gar nicht wahrgenommen: → ASA-Link.

Am 18.11.43 wurden auf Befehl des OKM die Boote TA 17 (ex Crispi) in TA 15, TA 15 (ex Calatafimi) in TA 19 und TA 18 (ex San Martino) in TA 17 umbenannt.
Der Rest des Novembers war mit Truppentransporten nach Leros und dem Abtransport der Kriegsgefangenen von dort angefüllt. Auf TA 14 fielen alle Kesselgebläse aus, die Reparaturzeit wurde auch für den Ausbau von Anlagen (optisches E-Meßgerät) zur Verbesserung der Stabilität genutzt. TA 18 war in dieser Zeit unklar, der Kesselraumtreffer vom 12.11. mußte repariert werden.
Mit dem Fall von Samos konnte eine erste hochverdiente Ruhepause für die Flottille beginnen, die nichtsdestoweniger mit Reparatur- und Umbaumaßnahmen angefüllt war.
Im Dezember war der Geleitschutz für Transporte die Hauptaufgabe: TA 15 und TA 16 geleiteten den schnellen Dampfer "Leda" zuerst nach Leros, dann weiter nach Samos, um von beiden Inseln Gefangene aufzunehmen, und schließlich nach Piräus zurück. Mehrere Luftangriffe durch Beaufighter und zwei U-Boot-Angriffe, nämlich → Nr. 1 und → Nr. 2, wurden abgewehrt. Eine Woche später, bei der nächsten Geleitaufgabe für den Minenleger Drache nach Samos, gab es auf TA 14 erneut einen Kesselraumbrand.
Inzwischen war bei einer Probefahrt von TA 19 klargeworden, daß eine Aufnahme der Turbine unumgänglich war, das Boot fiel für 6 Wochen bis Februar 1944 aus.

Nach einem Transport nach Samos verlegten TA 15, S 54 und R 211 in die Nordägäis nach Lemnos. Die dort beginnende Geleitaufgabe für den Dampfer "Balkan" fand jedoch ein baldiges Ende, als das Schiff fast direkt vor der Hafeneinfahrt vom britischen Unterseeboot Sportsman versenkt wurde: → ASA-Link. TA 15 lief nach Saloniki, um, zusammen mit dem nachgekommenen TA 14, S 54, R 211 und den U-Jägern 2106 und 2110 die drei Dampfer "Petrella", "Sabine" und "Susanne" nach Athen zu geleiten.
Inzwischen hatte das nach dem Treffer bei Leros reparierte TA 17 (ex TA 18) einen Truppentransport von Piräus nach Suda durchgeführt und 2 Dampfer von Heraklion nach Piräus zurückgeleitet.
Das Jahr 1943 endete mit einer Geleitfahrt von TA 14, TA 15 und TA 16 für die "Leda" nach Rhodos. Da sich ein Einlaufen in Rhodos bei dem herrschenden schweren Wetter als für "Leda" unmöglich erwies, mußte das Geleit beim Zuendegehen des Kraftstoffs schließlich nach Leros ausweichen.

TA 14 und TA 15 wurden nun für den ganzen Januar "aKB" gemeldet, um endlich die notwendigen Grundreparaturen vornehmen zu können. Es blieb bei der Absicht, denn die Arbeiten wurden durch Luftangriffe der USAAF und RAF auf Athen stark verzögert, weil die bekanntermaßen sehr schlecht bezahlten griechischen Werftarbeiter danach erst einmal der Arbeit fernblieben.
Anfang Januar gestaltete sich eine Geleitfahrt von TA 16 für den Tanker "Bacchus" unter schlechten Wetterbedingungen von den Dardanellen nach Piräus mit dem nach hohem Kraftstoffverbrauch instabilen Boot zu einem reinen "Ritt am Rande des Abgrunds". Danach schützte TA 17 den Minenleger Drache bei einem Truppentransport und (ohne klaren Kompaß !) beim Werfen einer Minensperre. In der zweiten Januarhälfte deckten TA 16 und TA 17 eine 2. Minenunternehmung mit Drache, danach wieder TA 14 und TA 16 die schnelle "Leda" von Piräus nach Leros.

Der Februar 1944 wurde ein Unglücksmonat. Am 1.2. deckten TA 14, TA 15 und TA 16 die in Leros gebliebene "Leda" auf dem Weg nach Samos. Beim darauffolgenden Marsch nach Iraklion ging die mit Munition beladene "Leda" schon bald nach dem Auslaufen bei Patmos durch Bombenvolltreffer verloren. TA 15 ging noch bei der brennenden "Leda" längsseits, um die Besatzung abzubergen, TA 14 erhielt einen Raketentreffer (eine erstmals in diesem Seegebiet eingesetzte Waffe!) in einen Kesselraum. Nach Rückkehr nach Piräus waren beide Boote wieder einmal im Zustand "aKB", bei TA 14 dauerten die Reparaturen bis zum 15. Mai.
Am 7.2. liefen TA 16, TA 17 und TA 19 nach Rhodos aus, um den Dampfer "Oria" von dort nach Piräus zurückzugeleiten. Am 11. abends lief das Geleit von Rhodos aus und marschierte trotz schlechten Wetters nach Piräus. Direkt vor dem Zielhafen, bei der Ansteuerung von Kap Sounion, geriet die "Oria" am Abend des 12.2. bei der kleinen Insel Gaidharonisou auf Grund und ging mit mehr als 4000 unter Deck eingesperrten italienischen Militärinternierten an Bord verloren. Die nach Verbrauch fast allen Kraftstoffs instabilen Torpedoboote konnten wegen des Wetters keine Hilfe leisten, TA 19 vermied nach Ruderversager und einer schweren Verletzung des Kommandanten beim Krängen des Bootes mit Mühe ein Kentern.
In der zweiten Februarhälfte scheiterten drei Versuche, ein Versorgungsgeleit nach Kreta durchzubringen. Nach zweimaliger Umkehr wegen Schlechtwetters gelangte ein Schiff, "Lisa", zumindest bis Milos. Beim Weitermarsch erfolgte nördlich des Zielhafens Heraklion ein schwerer Luftangriff durch etwa 20 Beaufighter mit Torpedos und Bordkanonen, nachdem der deutsche Luftschutz mit Me 109 durch einen Scheinangriff geschickt weggelockt worden war. TA 15 konnte 2 Torpedos ausweichen und 2 Flugzeuge abschießen, erhielt aber Treffer in die Brücke, "Lisa" erhielt einen Lufttorpedotreffer und sank nach vielen im Seegang vergeblichen Abschleppversuchen am Morgen des 23.2. Die Rettungsbemühungen der Kommandanten von TA 15 und TA 17 wurden durch eine kriegsgerichtliche Untersuchung "belohnt", bei der sie freigesprochen wurden.

An dieser Stelle sei einmal erwähnt, daß bei allen Unternehmungen der Zustand der eigenen Boote eine "Gefahr" darstellte, die der Gefährdung durch den Gegner nicht nachstand. Der aufgrund des schlechten Wirkungsgrades der alten und ungepflegten Kessel hohe Kraftstoffverbrauch, der jede Unternehmung zu einem Rechenbeispiel machte und immer die Stabilität gefährdete, der ständige Verlust von Kesselspeisewasser durch undichte Kessel und Leitungen, die Dampfgefahr aufgrund undichter Ventile und Flansche, die Unzuverlässigkeit der elektrischen und der Ruderanlagen begleiteten alle Fahrten und forderten ständige höchste Aufmerksamkeit und sofortige Reaktionen, um Komplettausfälle von Booten zu vermeiden.

Beim letzten Einsatz im Februar brachten TA 15 , TA 16 und TA 19 wiederum bei schwerem Wetter, das die Vormarschgeschwindigkeit bis auf 5 kn (!) schrumpfen ließ, 2 Schiffe von Piräus nach Leros und anschließend den Tanker "Berta" von Samos nach Leros. TA 16 konnte zwischendurch die Besatzung einer abgestürzten Arado 196 retten.
Anfang März geleiteten TA 15 und TA 16 die "Berta" zurück zur Samosstraße, TA 19 lief mit Ersatztruppen an Bord von Leros nach Astypalaia und kehrt mit Urlaubern zurück. Sofort danach wurden alle 3 Boote als Truppentransporter eingesetzt, liefen mit 450 Soldaten an Bord nach Rhodos und kehrten noch in der Nacht mit 263 Urlaubern an Bord nach Leros zurück; dabei mußten sie vor der Hafeneinfahrt von Rhodos jedesmal einem Angriff britischer MTB ausweichen. Das KTB TA 16 läßt vermuten, daß die metazentrische Höhe des Bootes mit 156 ausgerüsteten Soldaten an Deck auf dem Marsch nach Rhodos praktisch "Null" war, es heißt dort: "Boot fällt trotz sorgfältiger Trimmung ständig nach Bb. oder Stb. um". Auf der Rückfahrt deckten die Boote den Dampfer "Gertrud" mit 3129 Gefangenen an Bord auf der Fahrt nach Piräus.
Am 7.3. liefen TA 15 und TA 19 nach Santorin, um die Sicherung eines Geleits für Kreta zu verstärken, und unter Führung der 21. U-Jagd-Flottille mit den Dampfern "Agathe" und "Susanne" weiter nach Heraklion. Beim Rückmarsch nach Piräus wurde TA 15 noch vor Heraklion von Flugzeugen angegriffen und schon beim 1. Angriff von 3 Raketen getroffen. Eine Rakete brachte mittschiffs und achtern Munition zur Explosion. Das Boot sank kurze Zeit später, die Personalverluste blieben zum Glück gering. TA 19 lief von Heraklion nach Monemvassia, um von dort die Dampfer "Sabine" und "Anita" nach Suda zu geleiten.

Am 15.3. übergab FKpt Riede das Kommando über die Flottille an FKpt Dominik.
Es ging ununterbrochen weiter mit Geleiten von Piräus nach Suda und zurück, dabei überstand TA 16 einmal einen Angriff des brit. U-Boots Unswerving, dessen Torpedos das Boot unterliefen: → ASA-Link.
Am Monatsende sollte TA 16 den Tanker "Centaur" von Piräus nach Leros geleiten, wurde aber bei SO-Sturm bis Stärke 12 von "Centaur" getrennt, die dann im Sturm sank. Die Suche nach Überlebenden blieb erfolglos.
Am 8.4. verlegten TA 16, TA 17 und TA 19 zum ersten Mal nach Volos, um von dort den Tanker "Claudia" nach Leros zu geleiten. Die Fahrt mit dem wertvollen, letzten deutschen Tanker im Ägäisraum verlief überraschenderweise ohne Feindkontakt. Beim Rückmarsch von Rhodos nach Piräus mi dem Dampfer "Anita" wurde das Geleit vom brit. Unterseeboot Unsparing angegriffen: → ASA-Link und daraufhin nach Leros umgeleitet.

An dieser Stelle sei erwähnt, daß es neben den stets kritisierten Dienststellen der Marine im Raum Athen und neben den Luftwaffenflugzeugen, die immer wieder die Geleite an- oder überflogen, ohne Erkennungssignale zu schießen und damit die Nerven der Besatzungen auf eine harte Probe stellten, zwei Stellen gab, die uneingeschränkt gelobt wurden: den Seekommandanten von Leros, Kapitän zur See Beneke, und seinen Hafenkommandanten von Portolago, Korvettenkapitän d.R. Fetzer sowie die Arado 196-Besatzungen der 3./126, die nicht nur wiederholt vor U-Booten warnten, sondern sich auch den britischen Beaufightern bei Angriffen entgegenwarfen.
Danach liefen die 3 Torpedoboote zu den Dardanellen aus, um dort den Tanker "Berta" aufzunehmen. Kurz vor dem Rendezvous entging TA 19 einem Angriff des britischen Unterseeboots Unruly: → ASA-Link.
Die 3 Boote liefen dann mit dem Tanker an der Küste entlang nach Piräus und TA 19 entging in der Doro-Enge zum 2. Mal auf dieser Fahrt einem Angriff der Unruly: → ASA-Link.

Nach einer "Verschnaufpause" von einer Woche führten TA 16, TA 17 und TA 19 zum ersten Mal, acht Monate seit Bestehen der Flottille, Fahr,- Schieß- und Schleppübungen im Verband durch und danach transportierten die Boote Soldaten zur am Vortag durch britische Kommandotruppen überfallenen Insel Santorin.
Bisher hatten die Leitenden Ingenieure aller Boote immer wieder über "Wasser im Kraftstoff" geklagt. Am 26.4. fand man bei den Instandsetzungsarbeiten auf TA 14 die unglaubliche Erklärung: Die Leitungen der Speigatten des Vorschiffs führten in die Heizölbunker! Das Kopfschütteln der deutschen Techniker kann man sich gut vorstellen.
Am 27.4. begann die Geleitfahrt aller 3 Boote für den wertvollen Dampfer "Lüneburg" von Piräus nach Heraklion. Am Morgen des 28.4. wurde die Sicherung noch durch 3 U-Jäger und Flugzeuge verstärkt. Dennoch gelang es dem brit. Unterseeboot Sportsman, die "Lüneburg" 4 Seemeilen vor dem Zielhafen zu versenken: → ASA-Link. Die Boote kehrten nach Piräus zurück.

Im Mai standen wieder Truppentransporte auf dem Programm: Milos-Santorin, Santorin-Piräus, Piräus-Leros, Leros-Piräus, dazwischen eine Sicherung für die Drache beim Minenlegen.
Nach einer Woche "Pause" führten das wieder einsatzbereite TA 14 und die 3 anderen Boote am 26.5. eine Nachteinsatzübung mit den Schnellbooten der 21. S-Flottille durch.

Am 31.5. liefen alle vier Boote zusammen mit 2 U-Jägern und 2 Räumbooten zu der gemäß KTB sechsmal verschobenen und inzwischen in Piräus und Athen bestens bekannten Geleitunternehmung "Olivenöl" mit den Dampfern "Sabine", "Gertrud" und "Tanais" nach Kreta aus. Nach dem Verlassen der Kykladen erfolgte ein starker Luftangriff mit Marauder und Beaufighter. "Sabine", "Gertrud", TA 16, UJ 2101 und UJ 2105 erhielten teilweise mehrere Raketenbombentreffer, die beiden U-Jäger sanken kurze Zeit später. TA 19 ging bei "Gertrud" längsseits und es gelang, den dort lodernden Brand erst einmal zu löschen. Auf "Sabine" begann die Benzinladung zu brennen, das Schiff war nicht zu retten und wurde, weil es den Schauplatz weithin erleuchtete, von TA 14 mit einem Torpedo versenkt. TA 17 geleitete die unbeschädigt gebliebene "Tanais" nach Heraklion, TA 19 brachte auch die "Gertrud", auf der der Brand immer wieder aufflammte, schließlich nach Iraklion ein. Auch TA 16, dessen Back nach 2 Raketentreffern bis zur Ankerklüse eingetaucht war, wurde nach Iraklion eingebracht. Am 2.6. liefen TA 14, TA 17 und TA 19 nach Piräus zurück, doch TA 16 ging bei einem Luftangriff auf Heraklion, bei dem ein Bombentreffer die Munitionsladung der "Gertrud" zur Explosion brachte, verloren; das schwer beschädigte Boot kenterte im Hafen durch den Druck der Detonation und sank im flachen Wasser.

Im Juni war Transportgeleitschutz von Piräus nach Leros wieder die Hauptaufgabe. Dabei wurden die in Portolago liegenden Boote am 18.6. morgens durch ein Sabotageunternehmen überrascht: 2 Sprengkörper detonierten am Backbord-Vorschiff von TA 14, die zwei große Löcher rissen. Bei TA 17 waren es sogar insgesamt 5 Sprengladungen, die am Heck detonierten, das Boot sackte bis zur Höhe des Oberdecks achtern weg. Die notdürftig abgedichteten Boote verlegten zurück nach Piräus, sogleich in die Werft zur Reparatur und kamen nie wieder zum Einsatz.
Im Juli war daher nur TA 19 im Einsatz: Geleitobjekte waren nun KT-Schiffe, die Angriffe der britischen Unterseebooten Vampire (→ ASA-Link) und Unswerving (→ ASA-Link) am 19./20.7. wurden überstanden.
Am 25.7. wurde endlich TA 18 in Dienst gestellt, Kommandant wurde KptLt Schmidt, der vorher TA 16 gefahren hatte. Bei diesem Boot wurde die nachgerüstete Flakbewaffnung besonders gelobt (genaue Daten sind dem KTB nicht zu entnehmen).
Anfang August war nur TA 19 verfügbar und unermüdlich tätig: Geleite auf den Wegen Piräus-Leros, Leros-Piräus, Piräus -Samos und Samos-Leros. Aber schon am 9.8. wurde TA 19 vor Karlovasi von dem dort schon lauernden griechischen Unterseeboot Pipinos versenkt: → ASA-Link.

Am 7.8. wurde der Flottillenchef, Fkpt Dominik, zum Stab des Admirals Ägäis kommandiert. Der dienstälteste Kommandant, KptLt Densch, übernahm stellvertretend seine Aufgaben.
TA 14 und TA 17 lagen weiterhin in der Werft. Am 31.8. lief TA 18 dann zu seinem ersten Einsatz aus, um KT-Schiff "Erpel" nach Kreta zu bringen.
Für den Zeitraum 1.- 15.9.1944 liegt kein KTB der Flottille vor. Die folgenden Angabe wurden der "Chronik des Seekriegs 1939-1945" entnommen: Bei einem Luftangriff der USAAF auf Salamis am 15.9. wurde TA 14 so schwer beschädigt, daß es sank. Bei einem Luftangriff auf Piräus am 17.9. wurde TA 17 irreparabel beschädigt und am 18.9. außer Dienst gestellt.
Am 17.9. wurde TA 18 für einen Truppentransport von Saloniki nach Lemnos eingesetzt, blieb in der Nordägäis und kehrte erst am 27.9. wieder nach Piräus zurück.
Am 24.9. liefen die 3 modernen Torpedoboote TA 37, TA 38 und TA 39 nach erfolgreichem Durchbruch durch die Otrantostraße in Piräus ein und wurden Teil der 9. Torpedobootflottille.
Schon 3 Tage später begleiteten TA 37, TA 38 und TA 39 einen Truppen(ab)transport von 2000 Mann auf dem Minenschiff Zeus und dem Dampfer "Lola" von Piräus nach Saloniki, TA 38 und TA 39 warfen danach die Minensperre "Tulpe" nordöstlich von Skyros und kehrten nach Piräus zurück.

Für den anschließenden letzten Monat der 9. Torpedobootflottille liegt auch kein KTB mehr vor. Die folgenden Angaben wurden Gröner, "Die deutschen Kriegsschiffe 1815-1945", Bd. 2, dem "Historischen Marinearchiv"/ASA und der "Chronik des Seekriegs 1939-1945" entnommen.
Am 2.10. lief TA 18 zusammen mit 2 Wachbooten als Geleit für den Dampfer "Zar Ferdinand" und den Tanker "Bertha" von Trikeri nach Saloniki aus, aber beide Schiffe wurden am 2.10 bzw. am 3.10. vom französischen U-Boot Curie (→ ASA-Link) und vom britischen U-Boot Unswerving (→ ASA-Link) versenkt.
Am 4.10. verfehlte das britische U-Boot Untiring TA 18 südlich von Kassandra: → ASA-Link.

Am 5./6.10. warfen TA 38 und TA 39 vor Piräus eine defensive Minensperre. Ab dem 6.10. begann die Verlegung der letzten dt. Schiffe in der Ägäis nach Saloniki. Dabei wurden am 7.10. im Golf von Saloniki TA 37, UJ 2101 und GK 62 von den brit. Zerstörern Termagant und Tuscan versenkt, die von einer Do 24 geretteten Überlebenden berichteten von Beschießungen Schiffbrüchiger durch die britischen Zerstörer. Am 9.10. geriet TA 38 bei Makronisi auf Grund und wurde von TA 39 nach Volos geschleppt. Dort wurde es am 12.10. als Blockschiff in der Hafeneinfahrt versenkt.
Am selben Tag sanken die bereits irreparabel beschädigten TA 15 und TA 17 in Piräus durch Bombentreffer, die letzten klaren Schiffe, TA 39 und 3 R-Boote mit dem Dampfer „Lola“, liefen nach Saloniki aus. Am 16.10. sanken TA 39 und „Lola“ durch Minentreffer vor Saloniki und am 19.10. wurde der "Oldtimer" TA 18 in einem Gefecht mit den Zerstörern Termagant und Tuscan vor Volos versenkt.

Am 24.10.1944 wurde die 9. Torpedobootflottille offiziell aufgelöst. Die Restbesatzungen mußten sich beim deutschen Rückzug vom Balkan in die Heimat durchschlagen. Dafür wurden sie dem
Marine-Sicherungsbataillon 611 unterstellt, und zwar die Besatzung TA 38 unter KKpt (Ing.) Gördes, dem Chef des Marinearsenals Salamis, in der 1., die Besatzung TA 39 unter ihrem IWO Oblt.z.S. Beyersdorf in der 2. und die Restbesatzungen von TA 37 und TA 17 und Teile der Stabskompanie des Admirals Ägäis unter dem ehemaligen Flottilleningenieur Kaptlt. (Ing.) Schubert in der 3. Kompanie.


Zusammenfassung

1. Statistik
Insgesamt hatten die Boote der Flottille 132 Unternehmungen durchgeführt, wobei 70 Geleite mit 37 notwendigen An- und Rückmärschen den "Löwenanteil" ausmachten. Die 2. Hauptaufgabe waren Truppentransporte, von denen 18 durchgeführt wurden. Dabei gab es 39 Gefechtssituationen im Kampf gegen Unterseeboote, Flugzeuge und Zerstörer.
Den Booten wurde die Versenkung eines U-Boots (durch TA 18) und 18 Flugzeugabschüsse zuerkannt, eine Bestätigung fehlt. Tatsächlich versenkt wurde am 5.10. die brit. ML 1227 durch TA 38 vor Piräus, auf der gleichzeitig gelegten Minensperre gingen 2 griechische Minensucher (nicht, wie angenommen, Zerstörer) verloren.
Nachdem bei den ersten Bootsverlusten die Zahl der Personalverluste mit insgesamt 40 Mann gering geblieben war, wurde der Oktober 1944 ein Unglücksmonat: Beim Untergang von TA 38 fielen 103 Mann, bei dem von TA 18 fiel die gesamte Besatzung von 132 Soldaten.

2. Bewertung
Die Einsätze der 9. Torpedobootflottille waren von vornherein vom schlechten materiellen Zustand der übernommenen Boote geprägt. Die seemännischen und vor allem technischen Leistungen, die es ermöglichten, mit den heruntergefahrenen und alten Booten wieder operativ wirksam zur See zu fahren, und die Bereitschaft, im Vertrauen auf das Können der Besatzungen hohe Risiken einzugehen, verdienen eine uneingeschränkte und hohe Anerkennung. Schon nach dem 1. Gefecht bei Leros waren daher zwei Leitende Ingenieure mit dem EK I ausgezeichnet worden.
Ein zusätzliches, unnötiges und unerfreuliches Hindernis der ersten Einsätze war die Bürokratie deutscher Marinedienststellen.
Als Torpedoboote wurden die Boote nicht eingesetzt, sie dienten als schnelle Truppentransporter und Geleitboote. Der einzige Torpedoeinsatz der Flottille galt einem eigenen Schiff, das selbst versenkt wurde. Die eindrucksvolle Zahl der Geleitfahrten darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß es dem britischen Gegner gelang, fast alle wichtigen Transporte ("Balkan", "Leda", "Lisa", "Lüneburg" und den "Tanais"-Konvoi) zu vernichten. Es fehlten den Booten bei immer wieder unklaren S-Geräten und Geschützen ganz einfach die Mittel, den Angriffen der britischen Unterseeboote und Beaufighter-Jagdbomber wirksam entgegenzutreten. Das war und blieb die Tragik der 9. Torpedobootflottille, an der auch die viel zu späte Zuführung moderner Boote nichts mehr ändern konnte.

Sortierung

Suche


Es wurden 9 Datensätze gefunden
Ergebnisseite 1 von 1
1  
Details Bild Dokument Name Flottille Hafenkennung ex-Name Letzte Änderung
TA 14 9. Torpedobootflottille Turbine 15.12.2020
TA 15 (vorher TA 17) 9. Torpedobootflottille Francesco Crispi 12.03.2015
TA 16 9. Torpedobootflottille Castelfidardo 15.12.2020
TA 17 (vorher TA 18) 9. Torpedobootflottille San Martino 15.05.2015
TA 18 9. Torpedobootflottille Solferino 23.03.2015
TA 19 (vorher TA 15) 9. Torpedobootflottille Calatafimi 13.03.2015
TA 37 9. Torpedobootflottille Gladio 15.03.2015
TA 38 9. Torpedobootflottille Spada 12.03.2015
TA 39 9. Torpedobootflottille Daga 12.03.2015
Ergebnisseite 1 von 1
1