Wie ich die Kapitulation am 9. Mai 1945 erlebte

Ein Erlebnisbericht von Gerhard Meyer, aufgezeichnet am 30.04.2002

Im Oktober 1944 kam ich nach über 17-monatiger Ausbildung (Grundausbildung, Artillerie-Schulschiff, Flakschule) und Zusammenstellung zu Schiffsbesatzungen in Amsterdam als Matrosen-Obergefreiter zur Donauflottille, Heimathafen Linz/Donau. Dort waren wir zunächst in der sogen. Fabrikskaserne (weil sich hinter uns eine Zigarettenfabrik befand, die inzwischen abgebrochen wurde, wie mir meine Tochter Martha berichtete, die kürzlich mal dort war) untergebracht, bis wir unsere Kanonenboote (Artillerie-Leichter MAL) in Empfang nehmen konnten.
Diese Boote, die aus 9 Pontons bestanden und zusammengeschraubt werden mußten, befanden sich auf der Bahn (Güterbahnhof Goddelau bei Darmstadt), wo man nicht wußte wohin damit, wurden nach Wien geschafft und dort im Winterhafen zu Wasser gelassen. Unsere Maschinisten waren wochenlang damit beschäftigt, die Boote „seeklar" zu machen. Als sie fast fertig montiert waren, bekamen zwei Boote Bomben-Volltreffer und versanken im Hafenbecken. Ob sie gehoben und verschrottet wurden, haben wir nie erfahren.
Die Leichter hatten eine Bewaffnung von zwei U-Boots-Lafetten Kaliber 8,8 cm, eine 3,7 cm-Kanone und eine 2 cm-Vierlings-Kanone. Die Besatzung, zu der ich gehörte, wurde nach Wilhelmshaven verlegt. Ich wurde dagegen einer anderen Besatzung zugeteilt und mußte mich am 16. November 1944 auf MAL 30 (Marine-Artillerie-Leichter) in Wien im Winterhafen melden. Unsere Besatzung bestand aus dem Kommandanten, einem Oberfähnrich z. See, einem Bootsmann (Feldwebel), zwei Bootsmannsmaaten (Unteroffiziere), einem Maschinenmaat und 14 Seeleuten, drei Maschinisten, zwei Funkern, zwei Signalgasten und zwei Steuerleuten, insgesamt 28 Mann. Die Geschütze wurden von den Seeleuten bedient.


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Wir sind mit unserem Schwesterboot MAL 29 bald nach Ungarn ausgelaufen und haben als Flakschutz für die Donauschifffahrt unseren Dienst versehen. Es war reger Schiffsverkehr von Rumänien (Erdöl und Getreide) nach Deutschland, der häufig von russischen Flugzeugen angegriffen und von uns abgewehrt werden mußte.
Als es Ende Dezember Eisgang auf der Donau gab, mußten wir nach Wien in den Winterhafen zurückkehren. Im Januar 1945 konnte ich noch mal in Urlaub fahren, weil unsere Boote wegen des Hochwassers nicht auslaufen konnten. Unsere Aufbauten stießen an die Eisenbahnbrücke, welche die Hafeneinfahrt überquerte. Also mußten wir auf Niedrigwasser warten.
Nach einer abenteuerlichen Rückreise (drei Tage) nach Wien, sind wir dann im Februar 1945 wieder nach Ungarn ausgelaufen. Einige schlesische Kameraden sind erst Ende Februar wieder zu uns gestoßen. Sie waren in Schlesien teilweise in den Volkssturm eingereiht worden, hatten sich aber abgesetzt und kamen wieder zu uns.
Wir kamen noch etwa bis Komorn (ungarisch Komarom), als der Vormarsch der Russen uns zum Rückzug zwang. Nach mancherlei Gefechten mit Eingriffen in den Erdkampf — Reichweite unserer 8,8-Geschütze = 11 km — zogen wir uns immer weiter donauaufwärts zurück nach Preßburg, Hainburg, Wien bis Stift Melk, wo wir noch einige Zeit mit der gesamten Flottille als Flakschutz für die Donaufähre lagen. Der Rückzug der Bodentruppen aus Ungarn und Österreich ging unaufhörlich bei Tag und Nacht über diese Fähre und auf den Uferstraßen Richtung Linz und Deutschland.
Hier wurden wir, der wir bisher als ein selbständiger Kampfverband dem A.d.L. (Admiral der Landungstruppen) unterstellt waren, einer SS-Division unter Obergruppenführer (Generalsrang) Sepp Dietrich zugeteilt. Als ich einmal als Wache vor unserer Stelling (Laufbrett) stand, habe ich Herrn Dietrich auch persönlich kennen-gelernt, weil ich ihm als Posten Meldung machen mußte.

Anfang Mai wurde in Melk deutlich, daß wir zwischen zwei Fronten saßen. Die Amerikaner waren bereits in Linz, die Russen in Wien. Nachrichten über den tatsächlichen Umfang des Zusammenbruchs drangen nicht zu uns vor. Unsere Funker haben zwar ständig Radio gehört, duften aber nicht berichten, was sie denn so bei Radio London u.a. erfuhren.
Unser Flottillenchef, ein Korvettenkapitän (Zigarrenfabrikant aus Bünde), hat sich dann am 8. Mai 1945 mit dem amerikanischen Kommandanten in Verbindung gesetzt (Barkasse mit weißer Fahne), um zu erreichen, daß wir am Tage der Kapitulation in amerikanische Gefangenschaft kommen konnten, weil es damals hieß, wer gegen die Russen gekämpft hat, kommt nach Rußland usw. Es wurde kolportiert, daß der amerikanische Kommandant unter Hinweis, daß er im Falle eines Falles auf der Donau kein kampffähiges Fahrzeug haben werde — einer unserer Monitore (Flußkanonenboot) wurde mit deutscher Besatzung in amerikanische Dienste gestellt - der Internierung unserer Flottille zugestimmt habe, falls wir am 8. Mai 1945, 24:00 Uhr mit allen Booten an der bereits festgelegten Demarkationslinie in Mauthausen/Donau sein würden. Alle Fahrzeuge haben das mit Hilfe von Schleppern und anderen kräftigen Booten und etwa 10-Tausend auf dem Rückzug aufgelesener Soldaten verschiedener Waffengattungen geschafft.
Uns wurde befohlen, bis nach Linz zu verholen, wo wir vor dem Hafen vor Anker gingen. Die mitgebrachten Landser und teilweise auch Wehrmachtshelferinnen kamen gleich in das Lager Linz-Urfahr. Amerikanische Soldaten kamen bei uns an Bord und überwachten die Entwaffnung unseres Bootes. Die Verschlüsse aus den Geschützen mußten entfernt und zusammen mit der Munition und den Handfeuerwaffen (Karabiner, Maschinengewehre, Pistolen) in Donaumitte in die Fahrrinne versenkt werden. Dann durften wir in den Hafen einlaufen.


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Wir sind dann noch einige Wochen auf unseren Booten im Hafen, mit amerikanischen Posten vor jedem Boot, geblieben, solange unsere eigene Verpflegung noch reichte. Anfang Juni 1945 mußten wir dann unsere Boote verlassen und wurden ebenfalls in das Lager Linz-Urfahr gebracht. Wir durften unsere gesamte Bekleidung im Seesack mitnehmen. Im Lager begannen dann die Verhöre, Suche nach SS-Leuten, die alle ihre Blutgruppe unter dem Arm eintätowiert hatten, Herkunft, Beruf usw. Dort gab es dann nur noch einen Becher Wassersuppe pro Tag. Brotrinden, welche die amerikanischen Posten abschnitten, weil da ja jeder dranfaßte, und um die wir bettelten, wurden von unseren Augen mit Benzin übergossen und angezündet.
Mitte Juni 1945 wurden wir dann auf einen Güterzug gesetzt und über München, Nürnberg, Würzburg irgendwo in der Wetterau bei Frankfurt/Main auf freiem Feld ausgeladen und in Zelten untergebracht. Schlafen konnte man nicht, weil man nicht wußte, was man mit uns vorhatte. Einige erzählten, wir würden an Engländer oder Franzosen zur Zwangsarbeit ausgeliefert oder so. - Latrinenparolen -
Am nächsten Tag wurden wir auf LKW stehend verladen. Ein schwarzer Amerikaner - angeblich Taxifahrer aus New York - setzte uns nach temporeicher Fahrt einfach in Gießen auf dem Marktplatz ab und bedeutete uns, wir sollten nun sehen, wie wir weiterkämen. Mitleidige Schwestern ließen uns in ihrem Stift - ich wußte gar nicht, daß es in Gießen (Hessen) katholische Schwestern gab - übernachten, gaben uns eine warme Suppe und viele gute Wünsche mit auf den Weg. Den nächsten Tag kamen wir mit einem leeren Güterzug über Marburg bis nach Treysa, wo wir bei einem Bauern in der Scheune im Stroh übernachten konnten. Anderntags schafften wir es bis Altenbeken, wieder mit einem Güterzug, Personenzüge fuhren noch nicht wieder. Am 20. Juni 1945 konnte ich endlich nachmittags in Detmold aussteigen. Meinen Seesack stellte ich bei meiner Tante Anna in der Moltkestraße unter und übernachtete auch dort, weil abends Ausgangssperre war und man nachts nicht mehr draußen sein durfte.
Am nächsten Tag, es war der 21. Juni 1945 und der 70. Geburtstag meines Vaters, bin ich zu Fuß von Detmold nach Hohenhausen marschiert. Welche Freude, mein Heimatdorf und meine Eltern unversehrt vorzufinden, sollte doch Hohenhausen, wo man gegen Ende des Krieges noch abgesprungene, amerikanische Flieger erschossen hatte, zusammengeschossen werden, wie ich von Tante Anna gehört hatte.

Von meinen sieben Brüdern, die wir alle acht hatten Soldaten sein müssen, war Willibald wegen einer Verletzung bereits zu Hause. Ich war der erste Sohn, gerade 20 Jahre alt, der von der Front nach Haus kam.
Bruder Theo war nach der Invasion als Leutnant in Brest/Frankreich in amerikanische Gefangenschaft gekommen und war in den USA.
Bruder Erich war am 19. Dezember 1943 als Leutnant und Kompanieführer bei Dnjepropetrowsk gefallen.
Bruder Felix war als Leutnant bei der Marine in Athen vermisst. Später meldete er sich aus jugoslawischer Gefangenschaft und kehrte erst im Dezember 1951 zurück.
Bruder Paul ist bis heute in Russland vermisst.
Bruder Albrecht war dazumal vermisst, meldete sich später aus russischer Gefangenschaft und kehrte erst 1947 zurück.
Bruder Hans Lorenz geriet als Hauptmann in französische Gefangenschaft und hat in der Gegend von Lille als Offizier (!) im Bergwerk arbeiten müssen, wurde aber bald entlassen.


1996 - Briefwechsel

1996 fand Gerhard Meyer nach 52 Jahren seinen Kameraden Wolf Nackunstz wieder. Mit freundlicher Erlaubnis dürfen wir den daraus entstandenen Briefwechsel in Auzügen veröffentlichen.


Brief von Wolf Nackunstz (Auszug)


Oberklingen d. 16.10.96
Mein Vater war vor dem Krieg auf einem Handelsschiff Kapitän (Riga). Nachher in Go-tenhafen Lotse, später auch in Danzig. Abi habe ich nicht, auch wurde ich nicht nach Italien abkommandiert, sondern habe zusammen mit anderen Marinern in Amsterdam und drum herum Posten an verschiedenen Schleusen gestanden.
Sind dann von der Abteilung aus mit einem Äppelkahn, voll mit Zwiebeln, über das Ijselmeer und durch Kanäle nach Emden geschippert. Dann mit Bahn nach Svinemünde, spä-ter an den Rhein zu Krupp in Rheinhausen. Dort haben wir mit 44 Mann (2 Besatzungen) zwei Artillerieleichter zusammengeschraubt mit denen wir erstmal in Köln eine Panzer-division auf dem Rückzug übergesetzt haben, dann den Fluß hinauf bis Remagen gefahren. Da waren die Amis schon über die Rheinbrücke rüber. In Honnef wurden die Boote versenkt. Von da bin ich bis Bremen getrampt, zusammen mit einem Dutzend Kameraden. Immer vor der Front der vorrückenden Amis her. Dann über Sylt nach Burgstaken auf Fehmarn zu einer Flottille Kriegsfischkutter. Da fand dann die Kapitulation statt.
Nach einiger Zeit wurden die Boote in die Kieler Bucht verlegt. Dort lagen wir an der Ket¬te mit vielen anderen vor Strande. Dann gings zu Fuß ins Internierungslager, an der Küste entlang wieder nach Fehmarn.
Entlassen wurde ich in den amerikanischen Sektor in den Odenwald, wo meine Mutter nach der Flucht aus Gotenhafen bei einer Cousine untergebracht war. Das war im August 45 und ich wog 75 kg (heute 105). Vater und Bruder kamen aus Lübeck auch hierher nach Ober-klingen (nach der Gebietsreform 1970 mit 6 anderen Dörfern OTZBERG). Hier bin ich auch geblieben, der Rest der Familie ist allerdings Richtung Hamburg und See abgehauen.



Antwort von Gerhard Meyer


Kalletal, den 20.10.1996
Lieber Wolf! (Nackunstz)
Es grenzt an ein Wunder, daß ich Dich nach so langer Zeit (52 Jahre) doch noch wiedergefunden habe!
Bei Durchsicht meines Fotoalbums wurde ich von meinen Kindern immer mal gefragt, wer denn der Matrose auf dem Bilde sei, welches ich Dir nun in Fotokopie geschickt habe. - wenn Du willst, kannst Du auch einen Abzug vom Original bekommen. -
Ich hatte dann irgendwo gelesen, daß die Flüchtlinge aus Gotenhafen überwiegend in Hamburg ansässig geworden sind. So habe ich Telefonbücher von H. gewälzt und Deinen Namen nicht gefunden. Vor einigen Tagen nun kam ich in den Besitz eines (heute illegalen) Telefonverzeichnisses der Bundesrepublik mit 34 Millionen Eintragungen. Nachdem ich dann alle Verwandten durchgescheckt hatte, kam mir der Gedanke: Versuchs doch mal mit „Nackunstz“! Und siehe da, es gab nur 13 Eintragungen, als letzte W.N! Ich konnte mir unter Otzberg für einen Seemann wie Dich nichts vorstellen. Suchte ich Dich doch immer irgendwo in Hamburg, Bremen, Emden oder sonstwo an der Küste. Wie konnte ich ahnen, daß es Dich in den Odenwald verschlagen hatte. Ein Versuch ist nicht strafbar, dachte ich, und brachte den Brief an Dich zur Post. Wie groß war meine Freude, als ich schon am 17.10. Deinen Brief in Händen hielt! Erkannte ich doch gleich an der Schrift, daß ich den richtigen Wolf Nackunstz wiedergefunden hatte. Habe ich doch noch immer Deinen Brief vom 1.8.44 - Fotokopie anbei - aus dem Du siehst, daß sich Deine Schrift kaum verändert hat.

Und so begann alles:
Dank der Sorgfalt meiner Mutter (1965 verst.), die alle Briefe von mir und an mich sorgfältig aufbewahrte, und daß ich 1945 im Gegensatz zu Dir in eine „heile Welt“ zurückkehren durfte, läßt sich an Hand der Briefe auf den Tag genau rekonstruieren, wie mein bzw. unser Soldatenleben verlaufen ist.
Mitte Juni 1943 standest Du bei der Ausgabe der Erkennungsmarken, die alphabetisch geordnet waren, genau hinter mir. Nach MEY folgte NAC! Ich habe meine Marke noch im Schreibtisch liegen. Sie hat die Nr. 26884/43, Deine müßte dann 26 885/43 gewesen sein. Von Steenwyk über Norderney, Saßnitz, Bederkesa, Langeoog, Leer bis Amsterdam (20.9.44) waren wir zusammen!
Am 20.8.44 reisten wir in Amsterdam ab. Am 21.8.44 langten wir zunächst in Goddelau auf dem Güterbahnhof an, wo wir erstmals unsere MAL’s verladen als Pontons auf Güterwagen, zu Gesicht bekamen. Die standen schon dort und warteten auf uns. Bis zum 25.9.44 waren wir im Bootshaus in Erfelden am Altrhein untergebracht. Dort habe ich mich als Aufklarer und Hilfskoch betätigt.
Bei den vielen Luftangriffen auf Darmstadt, Großgerau u.a. hatten wir leider auch einen Toten zu beklagen. Bei Fliegeralarm hatte sich ein Kamerad - den Namen kenne ich nicht mehr, wir waren vier Besatzungen, also 140 Mann - statt in ein Deckungsloch, an den Rheindeich gelegt. Ein Granatsplitter von der Flak hatte ihm die Halsschlagader durchschlagen. Er war sofort tot. Wir haben ihn mit „militärischen Ehren“ - Gewehrsalut - in Erfelden beigesetzt.
Ende September gings dann mit allen vier Besatzungen nach Swinemünde. Dort waren wir im Kurhaussaal auf Strohsäcken untergebracht. Niemand wußte, was wir dort sollten. Ich holte mir eine kräftige Mandelentzündung und brauchte dank der Fürsorge meiner Kameraden und auf Drängen des Bootsmannes nicht ins Lazarett. In Linz war ich wieder gesund.
Am 2. Okt. ‘44 machten wir uns quer durch Deutschland auf den Weg über Berlin nach Linz/Donau, wo wir in der sogen. „Fabrikskaserne“ untergebracht wurden. Es war eine uralte österreichische Kaserne mit gewölbten Decken, hinter der eine Zigarettenfabrik lag, daher der Name.
In Linz sind wir bis Mitte November ‘44 geblieben, während unsere Boote - welch Wunder - inzwischen in Wien im Winterhafen auf der Pier standen und zu Wasser gelassen wurden. Ein Teil unserer Besatzung, hauptsächlich die Maschinisten, haben dort die Pontons zusammengeschraubt.
Weshalb wir von Erfelden über Swinemünde nach Linz fahren mußten, bleibt ein Rätsel der Admiralität. Während der Montage der Boote in Wien, erhielten zwei MAL’s Bombenvolltreffer und versanken im Hafen. Nachdem ein Taucher die Trümmer untersucht hatte, wurde entschieden, daß zwei Besatzungen - u.a. auch meine - nach Wilhelmshaven fahren sollten. Kam. Müngers von MAL 29 und ich wurden von Linz nach Wien kommandiert und haben nach langem Suchen, wir waren schon drauf und dran nach Linz zurückzufahren, die MAL’s im Winterhafen - weit hinterm Prater - gefunden.
Wir waren natürlich ärgerlich, daß man uns von unseren Stammbesatzungen, mit denen wir seit Amsterdam (Aug. ‘44) zusammen waren, getrennt hatte.
Nach dem Kriege, als ich beruflich in Essen tätig war, hörte ich vom Kam. Weiß, der mich in Swinemünde so vorbildlich betreut hatte, daß unsere Stammbesatzungen in W’haven auf rostrote MAL’s mit Mennigeanstrich eingestiegen waren und auf dem Jadebusen ein leuchtendes Ziel für feindliche Tiefflieger abgegeben haben und letztlich auf offenem Wasser aussteigen mußten.
Von Wien aus wurde MAL 30 mit einem Schwesterboot zusammen in die Donauflottille eingegliedert. Wir sind dann hauptsächlich als Geleitschutz für Donau-Schleppzüge eingesetzt gewesen, stromab mit eigener Kraft, stromauf am Kahn längsseits, weil unsere zwei MFP-Diesel für die Bergfahrt zu schwach waren. Stromauf hingen wir ständig am Schlepper, besonders ab Wien, wo die Strömung erheblich stärker ist, als in Ungarn. Unsere Gruppe bestand aus zwei MAL und einem Schlepper.
Als wir nach einem größeren Gefecht - Eingriff der gesamten Flottille in den Erdkampf bei Komorn in Ungarn - den Russen doch nicht aufhalten konnten, wurden wir in eiligen Tag- und Nachtfahrten nach Österreich zurückverlegt.
Wir haben dann noch einige Zeit unterhalb Kloster Melk als Flakschutz für die große Fähre gelegen, wo es einigen „guten“ Schützen bei einem Luftangriff gelang, das Fährseil abzuschießen. Wer’s gewesen war, konnte bei der Ballerei von mehreren Booten nicht festgestellt werden. Das Ersatzseil für die Fähre war am nächsten Tag montiert. Sie setzte ununterbrochen zurückflutende Truppen über.
Bei der Kapitulation lagen wir noch bei Melk. Nach intensiven Verhandlungen unseres Flottillenchefs (Korvettenkapitän d.R. aus Bünde) mit den Amerikanern, durften wir in amerikanische Gefangenschaft fahren, wo wir am 10.5.45 in Linz von den Ami’s empfangen wurden. Ankern in Strommitte, Geschützverschlüsse, Gewehre und Munition über Bord werfen, wurde von den Ami’s befohlen. Danach waren wir noch etwa bis Ende Mai auf unseren Schiffen im Hafen von Linz unter strenger Bewachung, bis unsere eigene Verpflegung zu Ende ging. Dann kamen wir in ein Barackenlager nach Linz-Urfahr, wo etwa 15.000 Landser waren. Von dort wurden wir am 17.6.45 entlassen.


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